#expose3 Künstler
Künstler
Kunsthistoriker M.A.
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Erasmus erwidert geschickt: „Da Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf und ihm seinen freien Willen gab, wäre es doch möglich, und sicher auch gottgewollt, dass der Mensch sein eigenes Paradies wie ein Kunstwerk auf Erden gestaltet. Während Gott dabei zuschaut und sich darüber freut.“

Petrarca zitiert einen weiteren Freund aus Florenz, Giovanni Boccaccio: Jedes Volk glaubt, Gottes Erbschaft, sein wahres Gesetz und seine Gebote zu haben, damit es sie befolge. Wer es aber wirklich hat, darüber ist die Frage noch unentschieden.“53

Von Hutten bleibt kritisch, jedoch nun auch sachlich: „Es geht der Kirche immer um Verehren, Fürchten und Erdulden. Göttlich gerechte Allmächtigkeit ist das nicht. Beispielsweise muss die Kunst dienen, das Wort Gottes erhöhen und seine Herrschaft demonstrieren. Aber die meisten Künstler bleiben namenlose Handwerker (bis zum 15. Jh.) oder Tagelöhner. Das ist eine merkwürdige Kultur göttlicher Omnipotenz.“

Petrarca spricht besonders die bildende Kunst an: „Es gibt Künstler, die noch immer (im 14. Jh.) zwar religiöse Themen behandeln, aber neue Wege gehen. Als Neuerer will ich den Maler Giotto di Bondone 54erwähnen. Diesen besuchte ich unlängst in Florenz. Mit seiner Technik, Farbgebung und Raumtiefe bringt er mit seinen machtvollen Fresken die Zeitgenossen zur Begeisterung. Seine Personen sind hell und klar, der Himmel blau und die Motive realistisch.“

Ulrich von Hutten ergänzt: „Giotto hat Malschulen in Florenz, Siena und Pisa beeinflusst. Sie waren Anreger für die (gotische55) Malerei nördlich der Alpen.“

Die Diskussion droht endgültig zu kippen, weil der Papst religiös-politisch bleibt. Er beharrt auf bestehende Normen des Kirchenrechts.

Von Hutten droht mit dem „Pfaffenkrieg“56 und versucht Erasmus auf seine Seite zu ziehen.

Erasmus hat eigene Pläne.

Petrarca denkt jetzt an sein Zusammentreffen mit dem Kaiser Karl IV. Er soll antike Dokumente begutachten, die dem Fürstenhaus Habsburg Privilegien einräumen.57

Mr Sajber blendet langsam das Gespräch aus. Der Dialog wird geräuschloser und die Personen verblassen in Raumzeit.

Wundersames Erwachen

(Petrarca)
„Laura, Laura, Laura! …“ rufend erwacht Petrarca in seinem Domizil in Fontaine-de-Vaucluse bei Avignon kummervoll aus seinem tiefen Traum am Nachmittag und ist verwirrt. Er fühlt, dass Laura das Irdische verlassen hat.

Laura ist seine Muse und zeitlebens Quelle seiner dichterischen Inspiration. In 366 Gedichten verleiht er ihr zu seinen Lebzeiten seine Liebe und bringt seine Trauer über ihren Tod 1348 zum Ausdruck.

Ein Beispiel:




„Wenn ich vom Himmel steigen seh Aurora mit rosenfarb'ner Stirn und goldnem Haar, ergreift mich Amor, was mich macht erbleichen, und seufzend sage ich: Hier zeigt sich Laura.

O glücklicher Tithon, du kennst die Stunde, wenn deinen teuren Schatz du wieder bergen darfst: doch ich, was kann ich tun, den süßen Lorbeer zu erlangen? wenn ich ihn wiedersehen möchte, muss ich sterben.

Wenn ihr euch trennt, so ist es nicht von Dauer, zum mindesten zur Nacht kehrt sie zurück, die deine weißen Haare nicht verachtet:

doch meine Nächte macht sie traurig, die Tage trübe, jene, die all mein Sinnen mitgenommen hat, und mir von sich den Namen nur zurückließ.“58

53Giovanni Boccaccio (1313 - 1375), italienischer Schrift-steller, Demokrat, Dichter u.
bedeutender Vertreter des Renaissance-Humanismus. Sein Meisterwerk, das
Decamerone, porträtiert mit bis dahin unbekanntem Realismus u. Witz die
facettenreiche Gesellschaft des 14. Jh.s und erhebt ihn zum Begründer der
prosaischen Erzähltradition in Europa. Zitat in:
https://www.zitate.eu/autor/giovanni-boccaccio-zitate/135708, 29.01.22, 10:29 Uhr
54Giotto di Bondone (1267 oder 1276-1337), italienischer Maler u. Baumeister.
Er gilt als der entscheidende Wegbereiter der italienischen Renaissance. In:
wikipe-dia.org/wiki/Giotto di_Bondone, 26.01.22, 11:08 Uhr
55 Das Adjektiv bezeichnet zunächst ab 1. Hälfte 16. Jh. die Kennzeichnung der Zugehörigkeit des untergegan-genen Volkes der Goten = Barbaren, auch im Sinne von ‘germanisch’
56https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_von_Hutten, 06.02.22, 10:59 Uhr
57https://de.wikipedia.org/wiki/Francesco_Petrarca, dto.
58Übersetzung: Hartmut Schönherr http://gedichte-werkstatt.de/Petrarca/Sommer.html, 05.02.22, 13:32 Uhr